Im Frühling erlebt das Thema wieder Aufschwung: Entschlacken, Entgiften, Detoxen oder Fasten. Es gibt etliche Möglichkeiten zu Fasten, von Saftkur bis zur Kohlsuppe, volle Abstinenz oder der Verzicht auf ein ausgewähltes Lebensmittel. Doch was ist überhaupt dran am Mythos vom Fasten? Schnell ein paar Pfunde runter oder unnötige Quälerei ?
Zunächst einmal darf gesagt sein, dass Fasten nicht gleich Fasten ist. Es gibt hier die unterschiedlichsten Ausprägungen und die unterschiedlichsten Meinungen. Und vermutlich gibt es keine eindeutige, pauschale Antwort auf die Frage, ob Fasten sinnvoll ist. Das kommt immer auf deine Lebensumstände an. Ich darf dir jedoch meine Erfahrung und meine Perspektive auf das Thema Fasten, Detoxen oder Entgiften mitgeben, vielleicht bereichert es deinen jetzigen Standpunkt.
Mit Anfang Jänner bis zum Frühjahresbeginn kommen in der Regel eine Reihe von Damen auf mich zu, mit dem Vorhaben, jetzt mal eine Saftkur zu probieren, nur flüssige Suppen zu essen oder das Essen für einige Tage ganz wegzulassen. Begleiten lassen kann man sich hierbei von Vlogs, Büchern oder man setzt das Vorhaben auf eigene Faust durch. Es entsteht schnell der Eindruck, Detoxen ist gang und gebe und man braucht dazu ja nichts. Die erste Erfahrung ist dabei oftmals ernüchternd: Kopfschmerzen, Übelkeit und schlechte Laune sind fast immer die Begleiter solcher Fastenkuren.
Besonders im Frühjahr taucht die Frage nach dem Fasten auf. Der Wunsch, ganz schnell ein paar Pfunde los zu werden, ist vor allem bei Frauen weit verbreitet.
Dabei ist es hilfreich, den Weg des „Detoxens“ zu verstehen. Der Körper hat vier Wege, Giftstoffe oder ungewünschte Stoffwechselprodukte aus dem Körper auszuscheiden: über den Atem (Kohlendioxid), über die Haut (Schweiß), über den Urin (wasserlösliche Stoffe) und über den Kot (fettlösliche Stoffe). Unerwünschte Stoffe sind beispielsweise überschüssige Säure, Medikamente, Koffein, Alkohol, aber auch Stoffwechselprodukte wie Harnstoffe, die bei der Verdauung von tierischen Proteinen anfallen, oder Schwermetalle im Überschuss. Wir können Giftstoffe nicht gänzlich vermeiden: wir atmen im Straßenverkehr Abgase ein, nehmen über Obst und Gemüse Pestizidrückstände oder Oxalsäure zu uns, welche im Übermaß schädlich für den Körper ist. Beim Abbau von tierischen Eiweißen werden Harnsäuren abgespalten, welche sich bei übermäßiger Zufuhr in den Gelenken absetzen und schließlich zur schmerzhaften Gicht führen können.
Der Körper kennt vier Wege, sich unerwünschter Stoffe zu entledigen: das Atmen, Schwitzen, über den Urin oder den Kot.
Einen ersten Schritt zum Entgiften unternimmst du schon, wenn du regelmäßig tief atmest und dabei möglichst frische Luft einatmest. Auch regelmäßiges Schwitzen, durch Saunieren oder Sport, regt die Ausscheidung von Giftstoffen an.
Die Ausscheidung wasserlöslicher Stoffe wird von der Niere unterstützt. Diese reguliert den Wasserhaushalt und filtert Giftstoffe aus dem Blut. Unterstützen kannst du sie, indem du viel Wasser trinkst. Die Empfehlung lautet mindestens 1,5 Liter Wasser am Tag, wobei davon ausgegangen wird, dass du zusätzlich viele wasserreiche Lebensmittel wie Obst und Gemüse isst. Scheu dich also nicht, mehr zu trinken, vor allem wenn du dich bewegst oder es draußen warm ist. Ein guter Anhaltspunkt ist die Farbe deines Urins: ist er dunkelgelb, trinkst du eindeutig zu wenig. Ist er fast weiß, trinkst du vielleicht schon zu viel. Hellgelb darf hier das Ziel sein, aber nicht dogmatisch, sondern durchschnittlich.
Kräuter wie die Brennnessel sind dafür bekannt, die Niere und die Entgiftung zu unterstützen. Allerdings macht sie dies, indem sie unter anderem das Urinvolumen erhöht. Das heißt, es wird vermehrt Flüssigkeit durch die Niere geschickt und ausgeschieden. Du solltest also unbedingt ausreichend Wasser nachtrinken. Wasserlösliche Stoffe sind nichtsdestotrotz vergleichsweise leicht auszuscheiden.
Schwerer fällt deinem Körper die Ausscheidung fettlöslicher Stoffe. Diese wird von der Leber unterstützt. Fettlösliche Stoffe gehen den Weg über den Verdauungstrakt: Mund – Speiseröhre – Magen – Dünndarm – Dickdarm. Die aus dem Dünndarm kommenden verwertbaren Stoffe werden in der Leber abgebaut und gespeichert, aber auch unverwertbare Stoffe gehen den gleichen Weg. Daher kann der Verzehr der Leber eines Tieres entweder das gesündeste oder das ungesündeste sein, was du für deinen Körper tust, je nachdem ob hier hauptsächlich Vitamine und Nährstoffe gespeichert sind oder Stoffwechselabbauprodukte und Giftstoffe.
Die meisten Giftstoffe sind fettlöslich. Sie werden von der Leber umgebaut und über den Darm ausgeschieden. Unterstützt du deine Verdauung, unterstützt du auch deinen natürlichen Entgiftungsprozess.
Die Leber zerteilt in einer ersten Phase die fettlöslichen Giftstoffe in kleinere Moleküle. Dazu benötigt sie die Unterstützung von Glutathion, den B-Vitaminen und Vitamin C. Anschließend müssen die Giftstoffe möglichst schnell ausgeleitet werden, da sie jetzt erst recht Schaden anrichten können. Hierzu müssen sie an Aminosäuren gebunden werden und brauchen für diesen Prozess den Nährstoff Selen. Um für eine möglichst schnelle Reise aus dem Körper hinaus zu sorgen, benötigt dein Verdauungstrakt nun viele Ballaststoffe. Diese binden Aminosäuren mitsamt Giftsoffen an sich, sorgen für eine rege Darmperistaltik und einen regelmäßigen Stuhlgang. Sie schieben quasi den Verdauungsbrei aus deinem Darm hinaus.
Und hier treffen wir nun auf den Widerspruch des Fastens. Bei einer Saftkur oder einem Fasten mit Flüssignahrung funktioniert der erste Schritt des Entgiftens durch die Leber wunderbar: die Giftstoffe werden „zerkleinert“ und dadurch erst Recht wirksam. Der zweite Schritt des Abbaus durch die Leber funktioniert nun nur noch sehr langsam. Die Giftstoffe werden mobilisiert, aber aus Mangel an Proteinen und Ballaststoffen nicht mehr ausreichend schnell ausgeschieden. Stattdessen gelangen sie in den Dickdarm und werden dort wieder in die Blutlaufbahn aufgenommen, wenn sie eine zu lange Verweildauer haben. Dies erklärt wiederum Symptome wie Kopfschmerzen und Übelkeit. Du aktivierst auf diesem Weg fettlösliche Giftstoffe, nimmst deinem Körper aber die Möglichkeit, sie auszuscheiden.
Beim Fasten mit Flüssignahrung funktioniert die erste Phase der Entgiftung durch die Leber vorbildlich: Giftsoffe werden zu kleineren Molekülen abgebaut und dadurch hoch wirksam. Die zweite Phase der Entgiftung, die Ausscheidung, funktioniert nur, wenn du auch ausreichend Proteine und Ballaststoffe zu dir nimmst.
Aus diesem Grund plädiere ich stark dafür, zum Ziel des körperlichen Fastens nicht auf eine Flüssignahrungskur zurückzugreifen. Unterstütze deinen Körper lieber mit viel Wasser, ungesüßten Kräutertees, vitamin-C- und vitamin-B-reichen Lebensmitteln (u.a. Zitrusfrüchte, Paprika, Kohl, Vollkornprodukte), protein- und ballaststoffreichen Lebensmitteln (u.a. Erbsen, Bohnen, Kichererbsen, Nüsse, Leinsamen) und Bitterstoffen (u.a. Radicchio, Endivien-Salat, Löwenzahn, Wermut-Tee). Zwischen den Mahlzeiten darfst du gerne Fastenpausen einlegen, auch die Fastenpause zwischen Abendessen und „Break-Fast“ („Fastenbrechen“) darf gerne 10-14 Stunden betragen. Hierdurch gibst du der aufgenommenen Nahrung die Zeit, die sie braucht, den gesamten Verdauungstrakt zu durchlaufen.
Jetzt hast du womöglich aber von Personen gehört, die beim Fasten einen Energieschub verspürt haben, denen es dann „so viel besser ging“?! Wenn du das Fasten beginnst, glaubt dein Körper zunächst er verhungert. Da er unbedingt möchte, dass du überlebst, aktiviert er in den ersten Tagen nochmal alles an Reserven, was er hat. Womöglich bist du 2-3 Tage auf Höchstform und strotzt voller Energie. Wenn dir das nächste Mal ein solcher Erfahrungsbericht unterkommt, frag bitte, wie es der Person in der zweiten Woche ergangen hat. Bei vielen setzt wie gesagt die Vergiftungserscheinung schon in der ersten Woche ein. Bei Diätshake-Fasten kann es ein, dass letzterer Mechanismus einsetzt: zunächst fühlst du dich „energiegeladen“, weil dein Körper glaubt, er verhungert. Ein paar Tage später erfährst du die Wahrheit: du fühlst dich schlecht und mies gelaunt, weil du dabei bist, deinen Körper verhungern zu lassen.
Mein Fazit ist, dass striktes Fasten für die körperliche Gesundheit kontraproduktiv ist. Ich habe hier aber auch nur das Fasten mit Flüssignahrung oder den gänzlichen Verzicht auf Nahrung betrachtet. Es gibt viele Formen des vorübergehenden Verzichtes auf bestimmte Lebensmittel, wie Kaffee oder alkoholische Getränke, die deinem Körper vermutlich einen wohl verdienten „Reset“ geben. Und um vollkommen ehrlich zu sein, kann ich nicht beurteilen, welche Auswirkung körperliches Fasten auf deinen Geist hat. Ich zähle mich (leider) zur Gruppe der Detoxer, die schon nach ein paar Stunden sehr, sehr grantig werden.